Kritische Einordnung der T&E-Analyse „Standortkosten im Luftverkehr“

Die Ergebnisse der im Oktober 2025 veröffentlichten Analyse der Standortkosten im Luftverkehr durch „Transport & Environment“ werden erkennbar vom politischen Ziel der Organisation geprägt. Um zu den gewünschten Schlussfolgerungen zu gelangen, werden grundlegende Mechanismen des Luftverkehrs verkannt, zentrale wirtschaftliche Zusammenhänge verzerrt dargestellt und methodische Schwächen bewusst in Kauf genommen. Anstatt die tatsächlichen Entscheidungslogiken von Airlines, die strukturellen Unterschiede zwischen Flughäfen oder die Auswirkungen der Kostenkomponenten realitätsnah abzubilden, baut die Analyse auf vereinfachten Annahmen und ungeeigneten Vergleichsmaßstäben auf.

Es entsteht ein Bild, das mit der Funktionsweise des Luftverkehrs nicht übereinstimmt und folglich zu politischen Aussagen führt, die einer faktengestützten Überprüfung nicht standhalten. Die folgenden Punkte zeigen methodische Schwächen der Analyse und fassen zusammen, welche Faktoren das Marktverhalten von Airlines und die Entwicklung von Passagierströmen wirklich bestimmen.

 

Methodik

  1. Die Analyse stützt sich fast vollständig auf lückenhafte Sekundärquellen, statt eigene belastbare Erkenntnisse zu liefern.
  2. Ein einzelner, nicht vergleichbarerer Sonderfall (London-Heathrow) wird als Maßstab gewählt, sodass alle weiteren Vergleiche und Regressionsmodelle verzerrt sind und die Ergebnisse kaum etwas mit „normalen“ Flughäfen zu tun haben.
  3. Unterschiedliche Flugzeugtypen, Streckenprofile und Kostenstrukturen werden ignoriert, obwohl sie massive Auswirkungen auf die Standortkosten haben. Standortkosten für einen Langstreckenflug mit Umsteigepassagieren können ganz anders ausfallen.
  4. Große Drehkreuze werden in einen Topf mit kleineren Flughäfen geworfen. Große Drehkreuze benötigen weitaus komplexere Infrastrukturen, wodurch die Infrastrukturkosten an Hubs naturgemäß höher sind als an anderen Flughäfen. An kleineren Flughäfen könnten gleichwohl keine Hub-Verkehre durchgeführt und schon gar keine 60+ Mio. Passagiere pro Jahr abgefertigt werden.
  5. Die regionale Marktgröße, also wie viele Menschen überhaupt fliegen können, ist ein wichtiger Faktor, der in der Analyse kaum berücksichtigt wird. Es ist unerheblich, ob ein Flughafen mit hohen Standortkosten dieselben Passagierzahlen hat wie ein beliebiger anderer Flughafen mit niedrigen Standortkosten. Die Passagierzahlen müssen im Kontext des lokalen Einzugsgebietes, der örtlichen Kaufkraft und des touristischen Potenzials der Region betrachtet werden.
  6. Prozentangaben zu Kostensteigerungen müssen im Kontext der absoluten Kostenbelastung betrachtet werden. Ein Flughafen, der sehr günstig war, kann eine 50%ige Kostensteigerung tendenziell besser verkraften als ein Flughafen, der bereits vor der Kostensteigerung sehr teuer war. Die 50%ige Kostensteigerung ist hier in absoluten Zahlen deutlich höher.

 

Innerdeutscher Luftverkehr

  1. Innerdeutsche Flugverbindungen werden nicht deshalb reduziert, weil keine Nachfrage danach besteht. Die Wettbewerbsposition der Bahn hat sich u.a. auch deshalb gegenüber dem innerdeutschen Luftverkehr verbessert, weil der Luftverkehr mit immer höheren (staatlichen) Standortkosten konfrontiert wurde. Die eigene Wettbewerbsfähigkeit der Bahn hat sich in den letzten 5 Jahren nicht verbessert.
  2. Auf innerdeutschen Strecken fällt die Luftverkehrsteuer sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückflug an. Zudem wird, im Gegensatz zum grenzüberschreitenden Luftverkehr, die Mehrwertsteuer iHv. 19% auf innerdeutsche Flüge erhoben.
  3. Selbst wenn der innerdeutsche Verkehr bei 100% des 2019er Niveaus stehen würde, läge Deutschland insgesamt noch immer um 13PP hinter der durchschnittlichen Verkehrserholung im Rest Europas zurück.

 

Marktentscheidungen von Airlines

  1. Für Airlines ist der erzielbare Ticketpreis bei der Standortwahl nicht entscheidend. Entscheidend ist, wo eine Airline am Ende des Tages die beste Gewinnmarge nach Abzug aller (Standort)-Kosten erzielen kann.
  2. Kostenpositionen wie Kerosinkosten haben keinen wettbewerbsverzerrenden Charakter, da diese Kosten weitestgehend für alle gleich sind. Die Standortkosten entscheiden im internationalen Wettbewerb bei durchschnittlichen Gewinnmargen von 2-4% über die Profitabilität von Flugstrecken.
  3. Nationale Steuern und Gebühren beeinflussen damit maßgeblich, wo Airlines ihre Flugzeuge stationieren und welche Flugverbindungen angeboten werden.